24. Januar 2015 | Dipl.-Met. Helge Tuschy
Der Schleifenstrom im Golf von Mexiko
Weltweit gesehen beeinflussen diverse Meeresströmungen sowohl das Wetter als auch das Klima in den jeweiligen Regionen der Erde. Sei es der kalte Humboldtstrom vor der Westküste Südamerikas mit entsprechend trockenen (Wüsten-)gebieten entlang der Küste (z.B. die Atacamawüste), der kalte Kalifornienstrom im Nordpazifik vor der Westküste der USA oder der Golfstrom im Atlantik.
Heute soll im Thema des Tages ein solcher Meeresstrom aufgezeigt
werden, dessen Name vielleicht nicht in aller Munde ist wie der des
Golfstroms, der aber große Auswirkungen nicht nur bei der Betrachtung
des Klimas, sondern teils auch bei der Wettervorhersage vor allem im
Süden und Osten der USA hat: Der "Schleifenstrom im Golf von Mexiko".
Der Fokus hierbei ist, wie der Name es schon sagt, auf den Golf von
Mexiko gerichtet. Dieser trennt den Süden der USA von Kuba und
Mexiko. Doch wie kann man sich nun das Auftreten eines solchen
Schleifenstroms vorstellen? Zunächst einmal handelt es sich in diesem
Fall einfach um einen Zustrom sehr warmen Wassers von der Karibik
(die sogenannte "Karibische Strömung"). Dabei windet sich diese
Strömung durch die Yucatánstraße zwischen Kuba und Mexiko nach Norden
und gelangt zunächst in den östlichen Bereich des Golfs von Mexiko,
bevor sie ostwärts abgelenkt wird und südlich von Florida in den
Atlantik mündet (hier als "Floridastrom" bekannt). Dort geht dieser
Meeresstrom direkt unter Verbindung eines weiteren Meeresstroms in
den für uns in Europa so bekannten Golfstrom entlang der Ostküste der
USA über. Die Strömung im Golf von Mexiko ist dabei rund 200 bis 300
km breit und im Durchschnitt 800 Meter tief. Doch wieso der Name
"Schleifenstrom"?
Immer wieder kommt es vor, dass sich im östlichen Golf von Mexiko
dieser Meeresstrom stark in Richtung Südküste der USA (Alabama und
Mississippi) aufwölbt und sich ein im Uhrzeigersinn rotierender
Wirbel ausbildet, der von Winden allmählich nach Westen über den Golf
von Mexiko getrieben wird. Eine Vorhersage hinsichtlich Entstehung
dieser Wirbel ist bis heute kaum möglich. Man kann heutzutage die
Entwicklung von solchen Wassertemperaturanomalien sehr gut über
Satellitendaten verfolgen, die u.a. eben auch die
Oberflächentemperatur des Wassers regelmäßig messen. Auch diverse
Bojen und Schiffsmessungen ermöglichen eine ständige Überwachung.
Diesem Thema des Tages wurde eine Momentaufnahme der Wassertemperatur
im Golf von Mexiko von dieser Woche unter folgendem Link beigefügt. Dort wurde ein
Bild des Satelliten NOAA-18 eingebunden, wobei NOAA die "National
Oceanic and Atmospheric Administration" darstellt. Diese Daten werden
zudem von der "Rutgers University" bereitgestellt, die im Projekt "
Coastal Ocean Observation Lab, [http://rucool.marine.rutgers.edu/]"
u.a. die Wassertemperaturen im Golf von Mexiko überwacht.
Auf diesem Bild erkennt man sehr schön den warmen Meeresstrom, der
sich mit Wasseroberflächentemperaturen von über 26 Grad westlich von
Kuba nach Norden und dann südlich von Florida nach Osten bewegt.
Zudem ist zentral im Golf von Mexiko solch ein Schleifenstrom zu
sehen, der deutlich höhere Wassertemperaturen im Vergleich z.B. zu
den küstennahen Bereichen aufweist.
Doch welche Auswirkungen auf den Bereich der operationellen
Meteorologie, also der Wettervorhersage hat dieser Meeresstrom?
Da sei zum Beispiel der Zeitraum der nordatlantischen Hurrikansaison
genannt, der sich von Anfang Juni bis Ende November erstreckt. Sobald
ein tropischer Sturm den Golf von Mexiko erreicht und über diesen
sehr warmen Meeresstrom zieht, beginnt er sehr viel Energie
aufzunehmen, da mehr Feuchtigkeit verdunstet und sich stärkere und
hochreichende Wolkentürme (Konvektion) ausbilden können. Nicht selten
sind in der Vergangenheit Tropenstürme markant stärker geworden,
nachdem sie diesen warmen Strom überquert hatten (z.B. Hurrikan
"Katrina" Ende August 2005). Wie weiter oben beschrieben, können sich
auch ringförmige Wirbel mit warmem Meerwasser abspalten und westwärts
über den Golf von Mexiko ziehen. Diese sorgen ebenfalls auch im
zentralen und westlichen Golf dafür, dass sich Tropenstürme markant
verstärken können und dies teils direkt vor den jeweiligen
Küstenabschnitten.
Aber nicht nur dann spielt dieser Meeresstrom einen Einfluss. Auch
jetzt, im Winter, sorgt das sehr warme Wasser für ein gewaltiges
Energiereservoir, welches von außertropischen Tiefdruckgebieten nur
angezapft werden muss. Dies ist zum Beispiel momentan in den USA der
Fall. Ein Tiefdruckgebiet hat sich im Verlauf der vergangenen Nacht
über dem nordöstlichen Golf von Mexiko gebildet, welches nun die vom
Meerwasser angewärmte und vor allem sehr feuchte Luft einbezieht und
auf seinem weiteren Weg nach Norden befördert. Immer, wenn auf der
Nordhalbkugel solch eine energiegeladene Luftmasse von seinem
Ursprungsort (in diesem Fall vom Golf von Mexiko) nach Norden geführt
wird, besteht die Gefahr, dass diese zu solch einer Jahreszeit mit
kalter und trockener Festlandsluft (z.B. aus Kanada) zusammentrifft.
Die daraus resultierenden markanten Temperaturgegensätze dienen mit
als Brutstätte für die gefürchteten und schadensträchtigen
"Nor'easter" - gewaltige Sturm- teils auch Orkantiefs, die den Osten
und Nordosten der USA heimsuchen und nicht selten schwere
Schneestürme mit sich bringen. So auch am heutigen Samstag, wo sich
das besagte Tiefdruckgebiet beginnt, auf seinem Weg nach Nordosten zu
verstärken und als ausgewachsenes Sturmtief mit einem Kerndruck von
unter 955 hPa den Nordosten der USA und den Osten Kanadas im Verlauf
des Sonntags mit Schnee und Sturm heimzusuchen. Zum Vergleich: Der
mittlere Luftdruck der Atmosphäre auf Meereshöhe beträgt 1013 hPa.
Es zeigt sich also, dass auch Meeresströmungen in den alltäglichen
Prozess der Wettervorhersage mit einfließen können und dass sich
beträchtliche Auswirkungen auf das Wetter in teils noch großer
Entfernung ergeben können.
© Deutscher Wetterdienst
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